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Psychische Gefährdungsbeurteilung durchführen – Praxis Leitfaden

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Die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz rückt zunehmend in den Fokus von Unternehmen, die sowohl das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden als auch die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit verbessern möchten. Eine psychische Gefährdungsbeurteilung (GBU bzw. GB Psych) ist ein entscheidendes Werkzeug, um psychosoziale Risiken im Arbeitsumfeld zu identifizieren und zu minimieren. Dieser Leitfaden enthält wichtiges Hintergrundwissen und Empfehlungen zur Durchführung einer psychischen Gefährdungsbeurteilung, basierend auf langjährigen Erfahrungen.

Was ist eine Psychische Gefährdungsbeurteilung?

Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung (GBU) ist ein systematischer Prozess zur Erkennung und Bewertung von psychischen Belastungen am Arbeitsplatz. Sie basiert auf dem Arbeitsschutzgesetz, das Arbeitgeber dazu verpflichtet, Gefährdungen der physischen und psychischen Gesundheit ihrer Mitarbeitenden zu erfassen und geeignete Maßnahmen zur Prävention zu ergreifen.

Warum ist die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung für Arbeitgeber wichtig?

  1. Gesetzliche Verpflichtung: Seit dem 01.01.2014 verpflichtet das ArbSchG alle deutschen Unternehmen ausdrücklich dazu, die psychische Belastung ihrer Mitarbeiter am Arbeitsplatz zu ermitteln, zu beurteilen und zu dokumentieren sowie entsprechende Arbeitsschutzmaßnahmen zu ergreifen (§3, §5 ArbSchG). Bei Nichteinhaltung drohen Bußgelder und rechtliche Konsequenzen.
  2. Mitarbeiterzufriedenheit und Produktivität: Psychische Belastungen können zu einem Anstieg von Krankheitsausfällen und einer Verringerung der Arbeitsleistung führen. Eine systematische Beurteilung und Intervention kann dies verhindern.
  3. Unternehmenskultur: Ein proaktiver Umgang mit psychischer Gesundheit stärkt das Vertrauen der Mitarbeitenden in das Unternehmen und verbessert die allgemeine Unternehmenskultur.
  4. Risikominimierung: Durch die Identifikation und Reduzierung von Stressfaktoren können Betriebe das Risiko von arbeitsbedingten psychischen Erkrankungen verringern. Der Return on Invest und die Chancen für die Weiterentwicklung der Organisation sind bei dieser Form der professionellen Gestaltung von Präventionsmaßnahmen beträchtlich.

Welche Themenbereiche sollten im Rahmen der GBU untersucht werden?

Unternehmen haben die Pflicht zu analysieren, ob es Arbeitsbedingungen gibt, die psychisch belastend sind und laut Gesetz „eine Gesundheitsgefährdung hervorrufen können“. Die Aufgabe von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern ist es dabei nicht zu überprüfen, ob eine einzelne Arbeitnehmerin oder ein einzelner Arbeitnehmer ihre Arbeit aufgrund ihrer persönlichen Konstitution als Belastung für ihre Psyche empfinden. Vielmehr müssen Betriebe die Rahmenbedingungen und Gegebenheiten von Arbeitsplätzen und Tätigkeiten insgesamt unter die Lupe nehmen. Das Gesetz definiert darunter beispielsweise die Berücksichtigung folgender Aspekte:

  • Inhalte und Aufgaben der Arbeit – z. B. emotionale Anforderungen, Variabilität, Handlungsspielraum, Qualifikation, Verfahren
  • Arbeitsorganisation – z. B. hinsichtlich Arbeitsintensität, Störungen und Unterbrechungen, Kommunikation und Kooperation, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten bei der Arbeit
  • Arbeitszeit – z. B. Dauer, Lage und Schichtarbeit, Vorhersehbarkeit und Planbarkeit, Pausen und Erholungszeiten (siehe auch gesetzliche Pausenzeiten)
  • Zwischenmenschliche Beziehungen – Kollegen, Vorgesetzte, Hierarchien der Beschäftigten
  • Arbeitsmittel – z. B. ungeeignete oder fehlende Arbeitsmittel, schlecht gestaltete Arbeitsmittel, persönliche Schutzausrüstung bei der Arbeit
  • Arbeitsumgebung – physikalische, chemische und biologische Faktoren, ergonomische Faktoren

Im Gegensatz zu physischem Stress lässt sich psychischer Stress jedoch nicht objektiv messen und es gibt keine Grenzwerte wie beispielsweise bei Gefahrstoffen. Daher ist es von besonderer Bedeutung, Beschäftigte in den Prozess einzubeziehen. Durch ihre Beteiligung und die der Arbeitnehmervertreter wird auch die praktische Relevanz und Akzeptanz von Maßnahmen erhöht. Außerdem ist die Mitwirkung ein Motivationsfaktor.

Die Gefährdungsbeurteilung zu erstellen und daraus die entsprechenden Betriebsanweisungen abzuleiten und aktuell zu halten, erfordert Erfahrung. Darüber hinaus kann die Erstellung sehr zeitaufwendig sein.

Wir sind Ihr Experte für die Erstellung von Betriebsanweisungen und Gefährdungsbeurteilung und nehmen Ihnen diese Aufgaben gerne ab.

7 Schritte zur Durchführung einer Psychischen Gefährdungsbeurteilung

Die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen erfolgt in den folgenden 7 Schritten:

1. Vorbereitung und Festlegen von Arbeitsbereichen und Tätigkeiten

Die erste Phase besteht darin, den Prozess gründlich zu planen. Dies beinhaltet die Festlegung von Zielen, die Definition der Rollen und Verantwortlichkeiten sowie die Sicherstellung der Unterstützung durch die Geschäftsführung. Eine klare Kommunikation über den Prozess und seine Bedeutung an alle Mitarbeitenden ist ebenfalls entscheidend.

In diesem Schritt werden auch die relevanten Arbeitsbereiche und zu überprüfenden Tätigkeiten identifiziert.

2. Ermittlung der psychischen Gefährdungen am Arbeitsplatz

Für die Ermittlung der psychischen Gefährdungen gibt es verschiedene Methoden zur Datenerhebung. Zu den verbreitetsten zählen:

  • Mitarbeiterbefragungen: Standardisierte Fragebögen zur Erfassung subjektiver Belastungen.
  • Interviews und Fokusgruppen: Vertiefte Diskussionen mit ausgewählten Mitarbeitenden.
  • Beobachtungen: Direkte Beobachtung der Arbeitsumgebung und -prozesse.
  • Analyse von Arbeitsunfällen und Fehlzeiten: Rückschlüsse aus bestehenden Datenquellen ziehen.

3. Bewertung und Beurteilen der psychischen Gefährdungen

Nach der Ermittlung der Belastungen müssen diese bewertet werden. Hierbei wird festgestellt, welche Belastungen eine potenzielle Gefährdung darstellen und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen. Wichtig ist, sowohl die Häufigkeit als auch die Intensität der Belastung zu berücksichtigen.

4. Festlegung und Umsetzung von Maßnahmen zum Arbeitsschutz

Auf Basis der Bewertung werden Maßnahmen entwickelt, die darauf abzielen, die identifizierten Gefährdungen zu minimieren oder zu beseitigen. Diese Maßnahmen können technischer, organisatorischer oder personeller Natur sein:

  • Technisch: Anpassungen an der Arbeitsplatzgestaltung oder der Arbeitsumgebung.
  • Organisatorisch: Optimierung von Arbeitsabläufen und Kommunikationsstrukturen.
  • Personell: Schulungen, Trainings und Unterstützungssysteme für Mitarbeitende.

Die entwickelten Maßnahmen müssen nun in der Praxis umgesetzt werden.

5. Überprüfung der Wirksamkeit

Nachdem die Maßnahmen umgesetzt wurden, ist es wichtig, ihre Wirksamkeit regelmäßig zu überprüfen. Dies kann durch erneute Befragungen, Beobachtungen oder die Analyse von Fehlzeiten und Arbeitsunfällen geschehen. Bei Bedarf sollten Anpassungen vorgenommen werden.

6. Dokumentation und Berichterstattung

Der gesamte Prozess muss dokumentiert werden, um sowohl die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen als auch eine Grundlage für kontinuierliche Verbesserungen zu schaffen. Die Dokumentation sollte detaillierte Informationen über die identifizierten Gefährdungen, die ergriffenen Aktionen und deren Wirksamkeit enthalten.

7. Fortschreibung der Aktualisierung der GBU

Arbeitsschutz ist ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess: Die GBU bzw. GB Psych muss in regelmäßigen Abständen oder bei Änderungen der Arbeitsbedingungen aktualisiert werden.

Dies bedeutet in der Praxis, dass eine aktuelle Gefährdungsbeurteilung in Abständen von etwa 3 Jahren oder bei wesentlichen betrieblichen Veränderungen (z. B. Veränderungen in der Struktur, am Standort oder der Unternehmensgröße) durchgeführt werden sollte.

Entdecken Sie für die Erstellung der Gefährdungsbeurteilungen auch die passenden Vorlagen und Arbeitshilfen.

Erfolgsfaktoren für eine wirksame Psychische Gefährdungsbeurteilung

Im Rahmen der GBU geht es nicht darum, die individuellen psychologischen Risikofaktoren oder gar Krankheiten zu diagnostizieren. Ziel ist es vielmehr, Hindernisse und Belastungen im Arbeitsalltag zu identifizieren, die sich negativ auf die Gesundheit auswirken können. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse können präventive Maßnahmen im Bereich des Arbeitsschutzes ergriffen werden, um die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu verbessern und zu stabilisieren.

  1. Managementunterstützung: Die oberste Führungsebene muss den Prozess aktiv unterstützen und vorleben.
  2. Einbindung der Mitarbeitenden: Die Mitarbeitenden sollten in den gesamten Prozess einbezogen werden, um Akzeptanz und Wirksamkeit der Maßnahmen zu gewährleisten.
  3. Regelmäßigkeit: Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung sollte kein einmaliger Vorgang sein, sondern regelmäßig wiederholt werden, um anhaltend psychische Belastungen zu identifizieren und zu minimieren.
  4. Externe Unterstützung: In vielen Fällen kann es sinnvoll sein, externe Experten hinzuzuziehen, die über das nötige Fachwissen und die Erfahrung in der Durchführung von GBUs verfügen.

Die Vielzahl psychischer Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz macht es sinnvoll, bei der Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung Prioritäten zu definieren. Ein Standardverfahren für die Durchführung einer psychologischen Gefährdungsbeurteilung gibt es daher nicht. Die Durchführung und Ausgestaltung sollten vielmehr immer an die individuellen Anforderungen des Unternehmens angepasst werden.

Empfehlenswert ist in jedem Fall eine Kombination mehrerer Erhebungsmethoden. So können sowohl Aspekte der Bedingungen im Unternehmen als auch das individuelle Verhalten und Erleben der Mitarbeiter erfasst werden. Eine Kombination aus quantitativen Fragebögen und qualitativen Interviews oder Gruppendiskussionen eignet sich ideal, um effektive Arbeitsschutzmaßnahmen abzuleiten und zu planen.

Sie haben Fragen? Als externe Fachkraft für Arbeitssicherheit sind wir gerne für Sie da.

Fazit

Die psychische Gefährdungsbeurteilung durchzuführen ist für Unternehmen nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern auch eine Chance, das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden nachhaltig zu verbessern. Durch eine sorgfältige Planung, die Einbindung aller Beteiligten und die regelmäßige Überprüfung der Maßnahmen können Unternehmen eine gesunde und produktive Arbeitsumgebung schaffen.

Ein gesundes Unternehmen in physischer, psychischer, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht wird nur dann möglich sein, wenn die Werte, Normen und Ansichten aller Beteiligten auf einem gemeinsamen Verständnis von Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz und Wirtschaftlichkeit beruhen, dieses ständig diskutiert und an neue Herausforderungen angepasst wird.

Quellen:

https://www.gesetze-im-internet.de/arbschg/__3.html

https://www.gesetze-im-internet.de/arbschg/__5.html

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